Stevia - Stevia rebaudiana BERTONI
Beschreibung
Stevia rebaudiana ist die wirtschaftlich bedeutungsvollste von insgesamt 235 Arten der Gattung Stevia
und gehört zur Familie der Korbblütler. Sie wird in Kultur
bis 1 m hoch. In freier Wildbahn erreicht sie Wuchshöhen von 40
bis 80 cm.
Die Pflanze ist zwar mehrjährig, wird aber oft wie eine einjährige kultiviert.
Dr. Moisés Santiago Bertoni war der erste der sie 1888 wissenschaftlich untersuchte und 1899 botanisch beschrieb.
Stevia besitzt bis zu 5 cm lange und 2 cm breite, gegenüberliegend
wachsende Laubblätter, die die begehrten Stevioside beinhalten.
Die Bestäubung erfolgt über den Wind, wobei die Pflanze
selbst-steril ist und sich so nur zwei Pflanzen gegenseitig befruchten
können. Trotz dieses Schutzmechanismus gegen genetische
Degeneration ist die sexuelle Vermehrung nicht besonders erfolgreich:
nur bis 15 Prozent der Samen sind keimfähig und auch nur innerhalb
von 6 Monaten nach der Samenreife.
Die Pflanze besitzt eine Speicherwurzel und kann deshalb ungefähr
6 Jahre lang, bis zu 5-mal im Jahr, kommerziell oberirdisch komplett
abgeerntet werden.
Eine Pflanze von etwa 1 m Höhe kann dabei eine Blatttrockenmasse von 15 - 35g abwerfen.
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Vorkommen
Die Pflanze stammt ursprünglich aus Südamerika und hat ein
natürliches Verbreitungsgebiet im Hochland des Grenzgebietes
zwischen Brasilien und Paraguay. Kommerzielle Anbaugebiete liegen zum
Beispiel seit 1954 in Japan. Die Pflanze kann auch in Deutschland
angebaut werden. Allerdings ist sie nicht Frosthart und muss daher
jährlich neu gesetzt oder im Haus überwintert werden. |
Geschichte
In Paraguay und Brasilien wird Stevia von der Bevölkerung schon
seit Jahrhunderten als Süßstoff und Medizin verwendet. Die
Guaraní-Indianer bezeichnen das Süßkraut als ka'a
he'ê und mischen es mit Matetee. Im 16. Jahrhundert lernten die
Europäer über spanische Konquistadoren die Pflanze und ihre
Süßwirkung kennen.
1987 wurden in Japan ca. 700 t Steviablätter verbraucht. Die
Tendenz ist mit Sicherheit bis heute stark angestiegen. 1969 verbot die
japanische Regierung synthetische Süßstoffe, woraufhin dort
der Verbrauch von Stevia extrem anstieg und inzwischen einen
Marktanteil von über 40% hat.
Eine ausführliche Untersuchung hinsichtlich der Inhaltsstoffe der
Pflanze fand in der ersten Hälfte des 20ten Jahrhunderts statt.
2004 und 2007 hat die JECFA, eine Arbeitsgruppe der WHO, die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Stevia rebaudiana und den daraus hergestellten Auszügen bestätigt.
Oktober 2008: Steviolglykoside werden auf dem australischen Kontinent
als natürlicher Süßstoff in Lebensmittel und
Getränken zugelassen.
17. Dezember 2008: Steviolglykoside sind von der Amerikanischen Food
and Drug Administration, FDA als gesundheitlich unbedenklich eingestuft
worden. Dies gilt jedoch nicht für die Blätter.
2009 sind Stevia und ihre Wirkstoffe in Deutschland leider immer noch nicht als Nahrungsmittel zugelassen.
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Drogen und Inhaltsstoffe
Als Droge verwendet man hauptsächlich die Steviablätter
oder deren extrahierte Inhaltsstoffe, von denen über 100
verschiedene festgestellt wurden. Sie gehören vor allem zur Gruppe
der Terpene und Flavonoide. 1931 wurden 8 bis dahin unbekannte
Glykoside identifiziert, die für die Süßwirkung
verantwortlich sind. Die wichtigsten sind Steviosid, Rebaudiosid A,
Rebaudiosid C und Dulcosid A. Der Anteil des Steviosids an der
Trockensubstanz der Blätter von Wildpflanzen variiert zwischen
4,5% und 8,4%.
Das unbehandelte Kraut enthält neben diesen noch Spuren von
B-Sitosterol, welches seit fast 50 Jahren zur Behandlung der
Hypercholesterinämie eingesetzt wird.
2008 wurde beim 69. Treffen der JECFA
(FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für
Lebensmittelzusatzstoffe) für Stevioside die Unbedenklichkeit
ausgesprochen.
Für das Abbauprodukt "Steviol" von einem der Süßstoffe,
dem Steviosid, wurde ein ADI-Wert (maximal zulässige Tagesdosis)
von 0 - 4mg pro Kilogramm Körpermasse pro Tag festgelegt.
Nach Xili et al., 1992 wurde eine zulässige Tagesdosis von 7,9mg
Steviosid pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag ausgerechnet. Aus
anderen Studien kann ein Wert von 20mg / kg / Tag abgeleitet werden.
Eine Person mit einer Masse von 70kg könnte also bedenkenlos 553mg
Steviosid pro Tag zu sich nehmen. 553mg Steviosid haben eine
Süßkraft wie ca. 166g Zucker.
Ausgehend von einem Steviosidanteil von bis zu 10% in der Trockenmasse
der Blätter von Stevia-Zuchtsorten, entspräche das einem
Tagesverbrauch von 5,5g Blättern pro Tag. Damit lassen sich
ungefähr 10 Liter Tee süßen.
Auch toxikologische Untersuchungen wurden mit Stevia durchgeführt.
Auch wenn es manchmal von bestimmten Interessensgruppen behauptet wird,
konnte dem eigentlichen Süßstoff, dem Steviosid, keine
mutagene oder genotoxische Wirkung nachgewiesen werden. Die
Mutagenität des Steviols, des Abbauproduktes vom Steviosid, bleibt
umstritten. Es zeigte in einigen Studien fruchtschädigende und
mutagene Wirkungen bei Hamstern und Ratten. Die der
Weltgesundheitsorganisation WHO vorliegenden Studien zeigen jedoch
keine dieser Auswirkungen beim Menschen. Von Kritikern wird deshalb
angeführt, dass die schädliche Wirkung durch die extrem hohen
Dosen von mehr als dem halben Körpergewicht der Tiere an frischen
Steviablättern zurückzuführen sei. Vermutlich hätte
eine gleich hohe Dosis an heutigen Süßstoffen wie Aspartam
oder Zucker schlimmere Auswirkungen gehabt. |
Eigenschaften und Wirkungen
Wissenschaftliche Studien ergaben neben einer antimikrobiellen Wirkung,
dass die Süßstoffe von Stevia den Blutdruck und
Blutzuckerspiegel senken und die Gefäße erweitern. Sie haben
keine Kalorien, sind geeignet für Diabetiker, verhindern die
Entstehung von Zahnbelag und besitzen eine im Vergleich zu
Haushaltszucker 300-fach höhere Süßwirkung. Die
Süßkraft der getrockneten Blätter ist 15 bis 30 -fach
stärker als Haushaltszucker.
Steviolglykoside, auch Diterpenglykoside genannt, sind
wasserlöslich und können ohne Lösungsmittel gewonnen und
eingesetzt werden.
Bei zu hoher Dosierung kann die Süßwirkung in einen bitteren
Geschmack umschlagen. Es gibt jedoch mittlerweile enzymatisch
modifizierte Stevioside, bei denen dies nicht mehr der Fall ist.
Der Überlieferung brasilianischer und paraguayanischer Tradition
nach kann Stevia auch medizinisch zur Stärkung des Herzens, gegen
Übergewicht (->Zuckerersatz), Bluthochdruck und Sodbrennen
verwendet werden.
Eine Zubereitung aus fermentierten Blättern zeigt eine stark
antioxidative Wirkung. Sie soll die des grünen Tees
übersteigen.
Die einzige akute Gefahr, die von Stevia ausgeht, liegt in der
Profitminimierung der Hersteller synthetischer Süßstoffe.
Deshalb wurden einige Studien angestellt, die die Toxizität von
Steviosiden beweisen sollten.
Stevia und Steviolglykoside wurde vom wissenschaftlichen
Lebensmittelausschuss der EC nicht als Lebensmittel zugelassen und
werden als Novel Food eingestuft. In der Begründung heißt
es, "...dass die gegenwärtige Informationslage nicht ausreichend
sei, um eine umfassende gesundheitliche Unbedenklichkeit zu
garantieren. Vorliegende wissenschaftliche Untersuchungen seien
widersprüchlich und/oder entsprechen in ihrer Durchführung
keinem derzeitig geltenden Standard."
Von manchen wird die Begründung als unsachlich ausgearbeitet und
mit inhaltlichen Fehlern behaftet kritisiert. Des Weiteren wird
vermutet, dass die Begründung durch die Interessen der
Süßstoff- und Zuckerindustrie gefärbt ist. |
Verwendung
Wegen der Zahnfreundlichkeit wird Steviaextrakt immer öfter in
Zahnpasta verwendet. Zulassungstechnisch ist das kein Problem, da
Zahnpasta nicht zu den Nahrungsmitteln oder
Nahrungsergänzungsmitteln gehört.
Da die Stevioside den Blutzuckerspiegel nicht beeinflussen, verursachen
sie keinen Heißhunger oder Zuckerabhängigkeit. Sie sind
deshalb besonders gut für Süßigkeiten für Kinder
geeignet. Auch zum Backen können sie verwendet werden. Die Stoffe
sind bis 200° C Hitze stabil. Bisquitkuchenteige gelingen
allerdings nur mit echtem Zucker.
Fructose ist ein Bestandteil vieler Produkte für Diabetiker.
Dieser Stoff wird wesentlich schneller in Körperfett
verstoffwechselt als Glucose und kann dadurch bei langwierigem Verzehr
zu Übergewicht führen. Stevia wäre hier eine gute
Alternative.
In allen Rezepten (Koch- und Backbücher für Diabetiker) bei
denen ein Süßstoff wie z.B. Aspartam aufgeführt wird,
kann ersatzweise Steviolglykosid verwendet werden. |
Zubereitung
Am einfachsten ist es, Steviablätter zusammen mit Kräutern
oder Tee aufzubrühen. Dabei reichen 100g Steviablätter aus,
um 180 Liter Tee zu süßen.
Für Kaffee kann man Stevioside in Tablettenform verwenden.
Es gibt viele Stevia-Produkte, die Zucker und flüssige
Süßstoffe ersetzen können. Aus den Blättern
können wässrige Extrakte wie "Dulce" (Extrakt mit Alkohol,
Glycerin oder anderen Konservierungsstoffen), oder Jarabe (durch
Eindicken des Extraktes hergestellter Sirup) gewonnen werden. Gute
Ergebnisse erzielt man durch einwöchiges Extrahieren von
Blättern in Alkohol. Der Alkoholgehalt kann nach dem Filtern durch
vorsichtiges Erhitzen minimiert werden.
Stevioside kann man auch als reines Kristallpulver oder in
Tablettenform kaufen. In Flugzeugen werden oft
Süßstoff-Briefchen angeboten, in denen diese und weitere
Füllstoffe enthalten sind. |
Kultivierung
Die derzeitigen Zuchtsorten heißen in China "Morita" und in
Paraguay "Eirite". Sie bilden keine keimfähigen Samen aus und sind
daher nur durch Stecklinge zu vermehren.
Der Anbau von Stevia rebaudiana ist in unseren Breiten nur in
frostfreien Gegenden möglich. Man kann fertige Pflanzen
günstig in Gärtnereien und im Onlinehandel beziehen. Bei der
nicht besonders Erfolgsversprechenden Vermehrung über Samen
benötigen diese eine Keimtemperatur von 22° C und dürfen
nur angedrückt werden, da Stevia ein Lichtkeimer ist. Die Keimung
erfolgt innerhalb von 10 Tagen. Das Substrat muss gut
wasserdurchlässig sein! Es bietet sich ein Gemisch aus Erde,
Kokohum und Sand an. Bis auf mit Phosphaten nur sparsam düngen,
werden wenn die Pflanzen kräftiger werden.
Stevia benötigt Licht, wärme und vor allem einen großen
Topf, in der sie ihre Speicherwurzeln entwickeln kann. Am besten
gedeiht sie im Freiland. Dort kann sie im Juni eingepflanzt und vor dem
ersten Frost zum Überwintern an einem frostfreien Ort ausgegraben
werden. Während der Ruhezeit kann sie oberirdisch komplett
vertrocknen. Die trocknen Triebe einfach abschneiden. Der Wurzelstock
darf nicht austrocknen.
Wie Basilikum mag Stevia ein Wechselspiel von feuchter und trockener
Erde. Dadurch wird das Wurzelwachstum angeregt. Wird sie zu feucht
gehalten, geht die Pflanze schnell an Wurzelfäule ein.
Vegetativ kann Stevia über Absenker vermehrt werden.
Gegen den bei dieser Pflanze seltenen Schädlingsbefall kann ein
Tabaksud eingesetzt werden. Dieser baut sich innerhalb von 2 Wochen
selbst ab.
Man erntet die Triebspitzen. Das regt Stevia zu buschigerem Wuchs an.
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