Rosenwurz - Rhodiola rosea L.
Beschreibung
Familie: Crassulaceae (Dickblattgewächse)
Gattung: Rhodiola
Die Rosenwurz ist eine von 200 Arten der Gattung Rhodiola.
Ihr Rhizom und die sukkulente Wuchsform erlauben es ihr, an extremen Standorten als mehrjährige Pflanze zu überleben.
Sie ist nicht frostempfindlich, erreicht eine Wuchshöhe von 10 bis
35 cm und bildet zwischen Mai und September entweder männliche
oder weibliche Blüten aus (diözisch; getrenntgeschlechtlich
und zweihäusig), deren wohlriechender Duft an Rosen erinnert.
Während die männlichen Blüten eine Farbvariation von
gelbgrün bis leuchtend gelb mit später rötlichen
tönen aufweisen, sind die weiblichen Blüten eher
grünlich bis gelbgrün, wesentlich kleiner als die
männlichen und teilweise verkümmert.
Bienen und Fliegen dienen der Rosenwurz als Bestäuber, die auf
Fremdbestäubung angewiesen ist. Aus den weiblichen Blüten
gehen grüne Balgfrüchte hervor, die sich dann während
der Reifezeit von purpurrot nach braunrot verfärben.
Die Samen erreichen ihre Reife zwischen Juli und August.
Die fleischigen Blätter sind blaugrün gefärbt und
zumindest die unter dem Blütenstand ganzrandig bis leicht
gezähnt. |
Vorkommen
Die Rosenwurz ist eine widerstandsfähige Pflanze, die in den
kälteren Hochgebirgsregionen der Erde (Gebirgsregionen Europas und
Asiens, bis in Höhen von 4500 m über NN) gedeiht.
Sie kommt sowohl mit feuchten und kargen, sandigen, als auch mit
schwereren lehm- und tonhaltigen Böden klar. Man findet sie
deshalb in Bergschluchten, auf feuchten Klippenabsätzen,
Feuchtwiesen, Moorböden und auf sandigen Böden höherer
arktischer Gebirgslagen. Die Rosenwurz ist in Nordeuropa, Nordasien,
dem nördlichen Nordamerika, Großbritannien und Irland
verbreitet. Zwar stellt sie keine speziellen Ansprüche an das
Substrat (der Boden kann feucht, trocken, sauer, neutral oder alkalisch
sein), jedoch verträgt sie keinen Schatten. |
Geschichte
Zur Stärkung der Kräfte und wegen ihrer anregenden Wirkung
soll die Rosenwurz bereits von den Wikingern, Inuiten und Lappen
eingesetzt worden sein.
Die medizinische Anwendung der Rosenwurz wurde als erstes vom griechischen Arzt Dioskurides im Jahr 77 nach Ch. unter "rodia riza"
in seinem Werk "materia medica" beschrieben. Ihr Entdecker Carl von
Linné taufte die Pflanze auf Grund des rosenartigen Geruchs des
frisch angeschnittenen Rhizoms auf den Namen Rhodiola rosea.
Rhodiola rosea wurde 1775 in das amtliche Schwedische Arzneibuch aufgenommen.
Die medizinische Verwendung in Frankreich und Schweden erstreckt sich
vom 18. bis 19. Jahrhundert und wurde noch 1974 in der 9. Ausgabe des
französischen Arzneibuches erwähnt.
In der Volksmedizin wurde die Pflanze auch in Russland und den
skandinavischen Ländern über Jahrhunderte hinweg genutzt. Sie
ist seit 1969 fester Bestandteil der offiziellen Medizin der
Sowjetunion. So führte das Sowjetische Ministerium für
Gesundheit 1975 einen alkoholischen Extrakt ein, der gegen
Müdigkeit, Infektionskrankheiten und zur Verbesserung der
Vitalität, des Gedächtnisses und der Arbeitsleistung wirken
soll.
Auch in Schweden wurde die Rosenwurz 1985 im Phytomedizinischen
Handbuch für Pharmazeuten als Mittel gegen Müdigkeit
aufgenommen.
In den späten 1980ern wurden diverse andere Rhodiola-Arten
auf medizinische Tauglichkeit geprüft. Einige davon waren
pharmakologisch unwirksam, andere hingegen erwiesen sich als mindestens
ebenso wirkungsvoll.
Trotz dass mehr als 180 pharmakologische, phytochemische und klinische
Untersuchungen seit 1960 in slawischer oder skandinavischer Sprache
veröffentlicht wurden, blieben ihre Ergebnisse in Europa bislang
relativ unbekannt. |
Drogen und Inhaltsstoffe
Sei 1970 als Hauptwirkstoff angesehen: Salidrosid (ein Phenylethanoid), des Weiteren seit 1986 als pharmakologisch ebenfalls wirksam nachgewiesen: Rosavin, Rosin und Rosarin
(zusammengefasst als "Rosavine", Gruppe der Phenylpropanoide),
Flavonoide, Monoterpene, Triterpene und phenolische Säuren.
Andere Studien besagen, dass vermutlich Rhodiolosid und Tyrosol die
aktivsten Komponenten sein sollen und andere Stoffe nur in Verbindung
mit Rhodiolosid, Rosavin, Rosarin und Rosin wirken. |
Eigenschaften und Wirkungen
Die Rosenwurz ist ein anerkanntes Adaptogen. Sie hilft,
die Anpassungsfähigkeit des Organismus an
außergewöhnliche Belastungen zu erhöhen und die
natürliche Widerstandsfähigkeit zu stärken.
Die Wirkstoffe schützen Zellen vor dem Angriff freier Radikale und
haben so auch einen positiven Effekt auf das Nervensystem.
In Tierversuchen wurden diverse Heilwirkungen festgestellt, von denen
jedoch nur eine bedeutsame Wirkung gegen menschliche Depressionen
übertragen werden konnte. Ein klinischer Test mit Rhodiola-Extrakt
zeigte in Dosen von 340 - 680 mg pro Tag bei 18 - 70 jährigen
Patienten mit leichten Depressionen eine signifikante Verbesserung.
In Sibirien wird der "goldenen Wurzel" nachgesagt, das
Erinnerungsvermögen, die Konzentration und das
Aufnahmevermögen zu verbessern.
Russische Jugendliche sagen den als Tee zubereiteten Blättern leicht berauschende Wirkungen nach.
Extrakte dieser Pflanze verlängern nach neusten Erkenntnissen die Lebensspanne von Fruchtfliegen um bis zu 10%.
Der genaue Wirkmechanismus von Rhodiola rosea ist noch nicht
vollständig aufgeklärt. Die Studien aus den letzten Jahren
beschäftigen sich hauptsächlich mit dem Einfluss auf die
geistige Leistungsfähigkeit.
Ob die Rosenwurz auch physische Leistungsverbesserungen bewirkt konnte
wegen teils widersprüchlicher Studien nicht einwandfrei
nachgewiesen werden.
Die Inhaltsstoffe wirken sich vermutlich unter Anderem durch Inhibition der Monoaminooxidase (MAO)
positiv auf den Stoffwechsel einiger Neurotransmitter wie Serotonin,
Dopamin, Noradrenalin und Acetylcholin im Gehirn aus, was zu einer
besseren geistigen Leistung führt.
Dadurch kann die Rosenwurz auch gegen derartige Stoffwechselstörungen helfen, die durch Stress verursacht werden.
Diese Wirkung wurde auch vom Neurologischen Institut der Armenischen
Staats-Universität in Yeriwan in einer Doppelblindstudie mit 54
Ärzten untersucht. Die Probanden litten während der
Dienstzeiten mit wiederholten Nachtschichten an stressinduzierter
Ermüdung und Leistungsabnahme. Die Situation konnte nach einer
mehrwöchigen Testperiode mit Rosenwurz um fast 20% verbessert
werden.
Ähnlich positive Ergebnisse ergab eine Doppelblind-Untersuchung
mit 40 Studenten während der Prüfungsperiode. Auch hier wurde
eine Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit und
neuro-motorischen Fähigkeiten nachgewiesen, was sich in den
Examensnoten widerspiegelte. Diese Studie ist jedoch auf Grund ihrer
geringen Probandenzahl mit Vorsicht zu bewerten.
Im Mai 2000 führte das Zentrum für Gesundheit und
Epidemiologie des Gesundheitsministeriums in Moskau eine randomisierte,
doppelblinde, placebokontrollierte klinische Studie mit 161 russischen
Kadetten eines Institutes des Verteidigungsministeriums der Russischen
Föderation durch. Es zeigte sich, dass in den Rhodiola-Gruppen die
Probanden unter Stress deutlich weniger ermüdeten und bessere
mentale Funktionen zeigten als die in der Kontrollgruppe.
Da es hierzulande bislang keine kontrollierten Studien gibt, die auf
heutigen klinischen Standards basieren, können Rosenwurz und ihre
Extrakte lediglich als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt werden.
In den Studien sind unter den beschriebenen Dosierungen keine
Nebenwirkungen aufgetreten. Bei fachgerechtem Gebrauch sind toxische
Wirkungen nicht bekannt. |
Verwendung
Bereits von ihrem Entdecker Linné wurde die Rosenwurz
angepriesen als Heilmittel bei Leistenbruch, Scheidenerkrankungen,
Migräne und Kopfschmerzen.
In der traditionellen Volksmedizin wird sie verabreicht zur Steigerung
von körperlicher Ausdauer, Arbeitsleistung, Lebenserwartung, gegen
Höhenkrankheit, Müdigkeit, Blutarmut, Impotenz,
gastrointestinale Beschwerden, Infektionen und nervöse
Störungen.
In Mittelasien wurde der Rosenwurz-Tee gegen Erkältung, Schnupfen und Husten während strenger Winter eingenommen.
|
Zubereitung
Vielerorts wird die Rosenwurz als Gemüse (Blätter wie Spinat
zubereitet oder im Salat, Rhizom und Stämme wie Spargel) oder
Aufguss verwendet. Die Amerikanischen Ureinwohner sollen die teilweise
recht bitteren Pflanzenteile vor der Zubereitung als Mahlzeit
fermentiert haben.
Für eine Aufgusszubereitung wird empfohlen, die Wurzelstücke
sehr fein zu schneiden und über vier Stunden lang mit wenig Wasser
zu kochen. Für Tinkturen kann man das Wurzelpulver mit Wodka
fünf Tage bei Raumtemperatur extrahieren lassen.
Medizinische Extrakte werden aus der Speicherwurzel der Pflanze
hergestellt. Diese werden entweder flüssig oder eingedickt in
Kapselform angeboten. Dabei wird auf die Einhaltung des Gehaltes an
Rosavin geachtet. Er soll bei Dauergebrauch mit ca. 100 mg Extrakt pro
Tag bei einem Rosavingehalt von 3% und einem Salidrosingehalt von 0,8 -
1% liegen, da die Wirkstoffe in der Pflanze auch im Verhältnis von
~ 3:1 vorkommen.
Wenn es als Adaptogen angewendet werden soll, muss der Extrakt schon
einige Zeit vor der erwarteten Stresssituation eingenommen werden. Bei
kurzzeitigen Belastungen kann die Dosis verdreifacht werden, sollte
jedoch nicht länger als vier Monate angewendet werden und in eine
Einnahmefreie Phase übergehen. Die Resorption erreicht bei Oraler
Verabreichung ihr Maximum bei Einnahme eine halbe Stunde vor dem
Frühstück. Auch sollte man die Rosenwurz eher morgens
genießen, da sie beim Einschlafen störend sein kann. |
Kultivierung
Die Rosenwurz bevorzugt gut drainierte Böden in sonniger Lage. Sie
verträgt dank ihrer sukkulenten Bauweise auch Trockenperioden,
aber keinen vollen Schatten. Da Rhodiola rosea
diözisch und auf Bestäuber angewiesen ist, sollten aus Samen
zur Vermehrung immer männliche und weibliche Pflanzen
gezüchtet werden.
Die Samen werden im Frühjahr im Gewächshaus unter einer
immerfeuchten, dünnen Kompostschicht zum Keimen gebracht.
Gewöhnlich keimen sie innerhalb von 2 - 4 Wochen bei 10° C.
Sie sollten bis zum nächsten Frühsommer im Gewächshaus
bleiben.
Vor der Freilandverpflanzung sollte die Rosenwurz kräftig sein.
Langsamer wachsende Jungpflanzen werden kräftiger, wenn sie etwas
kälter und in leichtem Schatten stehen.
Zur Vermehrung über Stecklinge erntet man während der
Wachstumsphase die neuen 8 - 10 cm großen Triebe mit viel
unterirdischem Stamm und setzt sie an einen schattigeren, kühleren
Ort im Gewächshaus. |
Diese Seite dient rein informativen Zwecken. Es besteht kein Anspruch auf Richtig- oder Vollständigkeit.
Deshalb lehnt der Autor jede Verantwortung für eventuelle Anwendung ab.
|